Wahl? Pflicht? Kür?


(Piqs/Bronzestatue)

Piet war neulich bei mir. Er erzählte:
"Als ich gestern Morgen aufstand, erwartete ich einen völlig normalen Tag. Aber jetzt ragte er aus dem Kalender wie ein rostiger Nagel."
"Was ist passiert?", hämmerte ich nach.
"Bisher besaß ich die Fähigkeit, bestimmte Tage zu überspringen, exotische Wochen ohne Donnerstag zu erschaffen. Niemanden hat das gestört. Doch am heutigen Freitag verkündete mir meine Frau Danny völlig unerwartet, dass meine donnerstagsfreien Wochen Vergangenheit seien. "
Als Zimmermann des Lebens hakte ich selbstverständlich nach, was es mit diesen Donnerstagen auf sich habe. 
"Da kommt immer meine Schwiegermutter aus dem Elsaß. Belle mére, nennt man sie in Frankreich. Aber weder ihr Körper noch ihre Seele sind schön."
"Deine Frau sieht das anders?"
"Nein. Leider-Gott-sei-Dank sieht sie das genauso. Aber jetzt erträgt sie diese Donnerstage allein mit dieser unzufriedenen Frau nicht länger. Ich solle ihr beistehen, bettelt sie."
Ich halte einen kleinen pädagogisch wertvollen Vortrag über die Themen Pflicht und Kür. 
"Am  Ende des Lebens schaut man eher in den Rückspiegel," ende ich schließlich. "Und wenn du jetzt an diesem Ende stehen, in besagten Spiegel blicken würdest: wie würdest du dir wünschen, in jetziger Situation gehandelt zu haben?"
Wir brainstormen hin und her. Piet erkennt, dass er mehr als zwei Möglichkeiten hat. Es geht nicht darum, der Gattin zuzustimmen oder sich gegen sie zu stellen. Zumal sich die Ehepartner in ihrer Ansicht einig sind. Auch nicht selbstverständlich.
"Wäre es nicht richtiger, sich die Frage zu stellen, ob Schwiegermutter jeden Donnerstag kommen muss? Ob man ihr erklärt, dass ein anderes Verhalten mehr Harmonie und Freude in die Donnerstage bringen würde? Oder man ihr einen Geburtstags-Gutschein für einen Näh-, Tanz- oder Schwimmkurs schenkt, der ausgerechnet donnerstags stattfindet?"
Es gibt nicht nur schwarz oder weiß, sagt man. Und nicht nur ich-muss oder ich-muss-nicht. Meist hat man mehr Alternativen. Sucht danach. 
Aber lasst euch das Leben nicht vermiesen, wo es nicht von Nöten ist. 
Herzlichst, Birgit

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